Entscheidungsprofi: Psychologin Dr. Maja Storch „Es gibt zwei Arten von Entscheidungen“, sagt die Psychologin und Autorin Dr. Maja Storch. „Da sind einmal die ‚Richtig- oder- falsch-Entscheidungen‘.“ Die gibt’s zum Beispiel in Klassenarbeiten oder bei Multiple-Choice-Fragen: Da kann es nur eine richtige Lösung geben. Und dann gibt es Entscheidun- gen über Lebenssituationen. Da gibt es kein Richtig oder Falsch, sondern nur kluge Entscheidungsvorgänge.“ Sich klug entscheiden – aber wie? Kluge Entscheidungen also. Und wie trifft man die? Besonders lange darüber nachdenken? Eben nicht – auch wenn Forscher lange davon ausgingen. Die moderne Hirnforschung weiß, dass sich kluge Entscheidungen nicht herbeigrübeln lassen. Ent- scheidungen sind ein Zusammenspiel von Bewusstem und Unbewusstem, Verstand und Bauchgefühl. Wir speichern gelerntes Wissen, und zwar in Form von Gefühlen und Körperempfindun- gen. Das heißt, dass die Entscheidung im Gehirn meistens schon gefallen ist, bevor sie uns bewusst wird. Wenn man sich also unbewusst schon entschieden hat: Wie macht man sich diese Entscheidung dann bewusst? Bauchtraining mal anders Indem man in sich hineinhorcht, also die eigenen Körper signale deutet – du entwickelst also ein Bauchgefühl. Und das lässt sich lernen, wie Dr. Maja Storch erklärt: „Wenn einem jemand bei Snapchat, Instagram oder Facebook schreibt, lohnt es, sich einfach nur den Absender anzusehen und noch nicht den Text. In der Regel weiß man dann schon genau, ob man ein gutes Gefühl hat oder nicht. Das ist eine gute Übung.“ Übung schön und gut, aber wenn jetzt eine Entscheidung her muss und das Bauchgefühl gar nichts dazu sagt: Was dann? Eine Münze werfen? Nicht die schlechteste Idee, wie die Psycho- login findet: „Das ist ein verblüffender Effekt: Oft glaubt jemand, dass ihm beide Optionen gleich recht sind. Aber wenn ich dann eine Münze werfe und es Möglichkeit A wird, habe ich meine Entscheidung. Oder ich denke mir ‚Wäre es mal B geworden‘ – und zack, dann spürt man plötzlich sein Bauchgefühl. Und darauf ist Verlass.“ Bauch oder Kopf Für eine kluge Entscheidung braucht man also ein gutes Verhältnis zu seinem Bauch – und zum Kopf natürlich ebenfalls. Beides in Ein- klang zu bringen, lohnt sich, denn es stehen noch viele Entscheidungen im Leben an. Früher waren viele Entscheidungen durch Familien- tradition, Kirche und gesellschaftliche Normen schon vorgegeben. Mittlerweile sind die Anforde- rungen an das Entscheidungsvermögen des Einzelnen aber gewachsen. Dr. Maja Storch, die selbst viel mit Schülern arbeitet, weiß, dass diese Entscheidungsfreiheit gerade auch bei der Berufswahl eine Last sein kann. Denn als Kind kriegen viele beigebracht: Mach, worauf du Lust hast. Sie lernen aber nicht, wie man auf seinen Bauch hört. Das können sie oft nicht und leiden dann unter einem Glückszwang. Wenn die Eltern er- warten, dass man „einfach nur“ glücklich wird, ist das natürlich ein riesiger Anspruch. Seinen Beruf finden Und natürlich möchte jeder mit seiner Berufswahl glücklich werden. Was macht mir die Wahl denn leichter? Eine berufliche Entscheidung zu treffen fällt schwerer, je weniger konkrete Berufe man vor Augen hat. Derzeit gibt es über 300 Ausbildungsberufe, eine beinahe grenzenlose Auswahl. Da hilft es, die Optionen zu reduzieren. Überleg dir: Worin bin ich gut und worin nicht? Schon ist die Auswahl etwas kleiner. Der nächste Schritt ist dann, Berufe kennenzulernen. Nutze Praktika, hör dich im Freundes- und Verwandtenkreis um und rede mit Berufstätigen. Dann werden dir neue Fragen durch den Kopf gehen, die dir bei der Entschei- dung helfen: Was verdiene ich in diesem oder jenem Beruf? Kann ich dort das einbringen, was ich gut kann? Müsste ich dafür weit wegziehen? Würde ich mit der Tätigkeit gerne täglich acht Stunden verbringen? So kommst du dem Ziel näher. Einfach machen? Nun aber Butter bei die Fische: Was ist zu tun, wenn der Moment da ist, in dem du dich für oder gegen ein Angebot entscheiden musst? Viele Gründe sprechen dafür, aber du hast kein gutes Gefühl? Versuche herauszukriegen, woher dieses Gefühl kommt, und beziehe es in deine Entscheidung mit ein. Eine schlechte Entscheidung ist eine, über die du später sagen wirst: „Ich hab’s von Anfang an gewusst.“ Wenn aber alles gut durchdacht ist, du dich mit Freunden und Familie beraten hast und sich alles gut anfühlt – warum sich nicht darauf einlassen? Ob es die beste Entscheidung deines Lebens sein wird, weißt du natürlich im Voraus nicht. Doch sei beruhigt – das muss sie auch gar nicht sein. Es ist keine Katastrophe mehr, Jobs und Branchen auch einmal zu wechseln. So sieht es auch die Psychologin: „Wenn ich Schülerinnen und Schülern einen Tipp geben soll, ist das immer: Auch einfach mal danebengreifen. Davon geht die Welt nicht unter. Mach mal lieber irgendwas als gar nichts, beim nächsten Mal bist du klüger.“ 7