A lle Menschen altern – s t r e n g g e n o m m e n schon von Geburt an. Das Altern ist ein ganz natürlicher Prozess. Schon circa ab dem 30. Lebensjahr verliert die Haut an Elastizität, aber auch die Muskulatur bildet sich zurück, die Festigkeit der Knochen nimmt ab, die Herzfrequenz sinkt, der arterielle Blutdruck steigt, die Aktivität des Immunsys- tems und der Grundumsatz nehmen ab, das Bauchfett zu. Die körpereigenen Reparatur- systeme funktionieren im Alter nicht mehr so gut wie in jungen Lebensjahren, und das Risiko für bestimmte Krankheiten steigt. Aber: Dieser Alterungsprozess läuft nicht bei allen Menschen gleich schnell ab. Während sich das biografische Alter leicht im Personal- ausweis ablesen lässt, bezeichnet das biologi- sche Alter den gesundheitlichen Status eines Körpers, gemessen am Durchschnitt. Und da kann es passieren, dass zwei Menschen, die im selben Jahr geboren wurden, biologisch 20 Jahre auseinanderliegen oder eben ein 50-Jähriger fitter ist als ein 30-Jähriger. Wie alt bin ich? Eine einfache Formel, wie man das biologische Alter messen kann, gibt es nicht. Bei der Bestim- mung spielen viele Faktoren eine Rolle, aus me- dizinischer Sicht vor allem das Gewicht, Blut- druck und Ruhepuls sowie Körperfettanteil und Wasserhaushalt. Auch in Krafttests kann der körperliche Zustand eines Menschen beurteilt werden. Die verlässlichste Aussage bekommt man beim ärztlichen Gesundheitscheck inklu- sive Blutuntersuchung. Zahlreiche Selbsttests im Internet ermöglichen zumindest eine grobe Bestimmung des biologischen Alters und wecken ein Bewusstsein für die Problematik. Die Fragen in diesen Tests deuten schon an, worauf es für ein niedriges biologisches Alter ankommt: auf einen möglichst gesunden Lebensstil, neudeutsch „healthy lifestyle“. Wer raucht, viel Alkohol trinkt, sich wenig bewegt und ungesund ernährt, kriegt im Test viele zu- sätzliche Jahre aufgebrummt. Andersherum „verjüngt“ man zusehends, wenn man aufs Rau- chen und übermäßigen Alkoholkonsum ver- zichtet, regelmäßig Sport treibt und sich aus- gewogen ernährt. Für Normalgewicht und -blutdruck bekommt man noch einmal ein paar Jährchen gutgeschrieben. Langsamer Altern Dr. Dr. Michael Despeghel, Sport- wissenschaftler, Autor und Lehr- beauftragter der Justus-Liebig- Universität Gießen, weiß: „Wir können die biologischen Alterungsvorgänge nicht stop- pen, aber das Ausmaß und die Geschwindigkeit deutlich verringern. Denn wie schnell wir altern, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben den individuellen genetischen Voraus- setzungen spielt vor allem der Lebensstil eine Rolle. Und diesen können wir selbst bestim- men.“ Ziel ist es, die körperliche Leistungsfähig- keit zu erhalten und mehr Lebensjahre bei guter Gesundheit genießen zu können. Runter vom Sofa Mehr Sport, gesünder essen – klingt eigentlich nach einem einfachen Rezept. „Ja“, lacht Dr. Dr. Despeghel, „wenn nur der innere Schweine- hund nicht wäre! Es wird uns extrem einfach gemacht, passiv zu leben. Wir können die Pizza ins Haus kommen lassen und Freizeitaktivi- täten, wie zum Beispiel einen Film schauen, ganz bequem vom Sofa aus erledigen, wir müssen weder zum Restaurant noch zum Kino laufen. Und ein Chat mit dem Smartphone ersetzt den Besuch bei Freunden.“ Den meisten Menschen ist zwar klar, dass sie eigentlich abspecken und auch mal ins Fitness- studio müssten, jedoch lässt der stressige Alltag mit frühem Aufstehen, reichlich Arbeit und Haushalt oft keine Zeit, sich intensiv mit Sport und Ernährung auseinanderzusetzen, ge- schweige denn seinen Lebensstil radikal um- zukrempeln. Dr. Dr. Despeghel und sein Team setzen daher auf Minimalkonzepte. „Entschei- dend ist, überhaupt anzufangen. Zu hohe Ziele sollte man sich nicht setzen, das überfordert einen nur.“ Man muss also nicht gleich jeden Tag nach der Arbeit eine Runde joggen. Zu Be- ginn reichen fünf Minuten spazieren gehen. Und irgendwann geht man dann täglich eine halbe Stunde stramm zu Fuß, sodass man leicht außer Atem ist und etwas schwitzt. „So geht es ‚step by step‘ weiter. Wichtig ist, dass man dabei ein Konzept hat, sonst hält man es auf längere Sicht nicht durch“, so Despeghel. Wer spürt, dass er körperlich fitter wird, sei eher bereit, etwas zu ändern, und beschäftigt sich dann mhplusdu 01/19 | 7